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Anwalt Verkehrsrecht Hamburg - Vorfahrt auch bei roter Ampel
03.09.2012
Eine ganz wesentliche Rolle bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls spielt die Frage der Haftungsverteilung. Wie formal solche Fälle mitunter zu lösen sind, zeigt eine Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahre 2010:
Der Kläger wollte hinter eine Ampelanlage aus einem Grundstück auf die Straße fahren. Die Ampel zeigte (für den Kläger offenbar erkennbar) rot. Der spätere Unfallgegner näherte sich der Ampel. Der Kläger fuhr los, denn der andere musste ja vor der Ampel halten. Das tat der aber nicht und es kam zum Unfall. Der Kläger verlangte Schadensersatz.
Der Kläger dachte sich also: Wenn der vor der Ampel gehalten hätte, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen, also muss er die Schuld haben. Aber zu dem Unfall wäre es genauso wenig gekommen, wenn der Kläger nicht auf die Straße gefahren wäre. Diese Überlegung führt nicht weiter.
Gefährdung anderer ist beim Ausfahren auszuschließen
Das OLG stellte deshalb auf etwas ganz anderes ab: Nach § 10 StVO darf man aus einer Grundstücksausfahrt nur auf eine Straße ausfahren, “wenn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.” Diese Formulierung findet sich in der StVO öfters, zum Beispiel beim Abbiegen in ein Grundstück, dem Wenden und Rückwärtsfahren (§ 9 Abs. 5 StVo) oder beim Ein- und Aussteigen (§ 14 StVO). Bei einer Ampel gibt es das dagegen – verständlicherweise – nur beim Grünpfeil nach § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO.
Das bedeutet: Wenn in einer derartigen Situation doch etwas passiert, war die Gefährdung eben nicht ausgeschlossen und der Fahrer muss massiv gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen haben. Es wird dann zunächst einmal sein alleiniges Verschulden vermutet. So war es auch hier. Der Kläger hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, dass die Straße wegen der roten Ampel frei sein würde. Um eine Gefährdung auszuschließen, hätte er abwarten müssen, ob der andere tatsächlich vor der Ampel halten würde. Weil er das nicht tat, hat der Kläger und nicht etwa der Rotlichtsünder den Unfall verschuldet.
Nur die Betriebsgefahr blieb übrig
Allerdings hätte der Rotlichtsünder den Unfall durch einen Spurwechsel oder Bremsen zumindest theoretisch vermeiden können, so das OLG. Da der Unfall für ihn damit kein “unabwendbares Ereignis” war, musste er eine Mithaftung von 25% übernehmen. Dies beruhte nach Auffassung des OLG aber lediglich auf der wegen des Rotlichtverstoßes erhöhten Betriebsgefahr seines Wagens. Ein besonderes Mitverschulden habe dagegen nicht vorgelegen. Insbesondere habe sein Rotlichtverstoß auch nicht zu einem Verlust seines Vorfahrtsrechts geführt. Im Ergebnis spielte der Rotlichtverstoß also kaum eine Rolle.
Die Entscheidung macht deutlich, dass sich ein Autofahrer nicht darauf verlassen darf, dass sich andere Verkehrsteilnehmer verkehrsgerecht verhalten. Jedenfalls bei gesteigerten Sorgfaltspflichten, wie sie mit dem “Gefährdung muss ausgeschlossen sein” zum Ausdruck kommen, droht sonst selbst bei einem groben Verkehrsverstoß des anderen Unfallbeteiligten mindestens eine ganz überwiegende Haftung.