Anwaltskanzlei Heiko Hecht & Kollegen
Anwalt Verkehrsrecht Hamburg

Anwalt Verkehrsrecht Hamburg - Verschiedene Fehler, gleiches Verschulden?


03.09.2012

Der Kläger wollte direkt hinter einem Bahnübergang links zu einem Parkplatz abbiegen und fuhr dazu im Bereich eines Bahnübergangs über die durchgezogene Mittellinie. Dabei kam es zu einer Kollision mit dem Wagen des Beklagten, der von hinten herankam. Er fuhr auf der linken Fahrbahn und hatte gerade verbotswidrig einen anderen Wagen überholt. Es entstand Sachschaden, den der Kläger gerichtlich geltend machte.

Das Urteil: 50/50

Das Landgericht Magdeburg (Urteil vom 6. Oktober 2011, Az. 10 O 1030/11) verteilte die Haftungsquoten 50:50, so dass jeder Beteiligte die Hälfte seines Schadens selbst tragen musste. Der Kläger, so wird das Landgericht wiedergegeben, hätte die durchgezogene Mittellinie nicht überfahren dürfen. Zudem hätte er sich beim Abbiegen so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Auf der anderen Seite hätte der Beklagte sich dem Bahnübergang nur mit mäßiger Geschwindigkeit näheren und nicht überholen dürfen.

Der Kläger habe zunächst Berufung eingelegt, diese nach einem Hinweis auf die Aussichtslosigkeit aber zurückgenommen, wird weiter berichtet.

Da fehlt doch ‘was

So ganz einleuchten tut das auf Anhieb nicht. Der Volltext der Entscheidung scheint leider nicht vorzuliegen. Ging das Gericht aber tatsächlich von einem “Abbiegen in ein Grundstück” (§ 9 Abs. 5 StVO) aus und hätte der Abbieger demnach “jede Gefährdung anderer ausschließen müssen”, spricht das eigentlich für eine ganz überwiegende Haftung des Klägers. Denn soweit erkennbar hatte der Beklagte “nur” gegen das Gebot einer “mäßigen” Geschwindigkeit und das Überholverbot nach § 19 Abs. 1 StVO verstoßen.

Kracht es aber, obwohl einer der Beteiligten “jede Gefährdung ausschließen” musste, indiziert das sein ganz überwiegendes Verschulden sogar dann, wenn dem anderen Beteiligten gleichfalls ein Verkehrsverstoß, wenn auch nur ohne “auszuschließende Gefährdung” vorzuwerfen ist. Dieses System illustriert ganz gut eine neulich besprochene Entscheidung des OLG Hamm unter “Vorfahrt auch bei roter Ampel.” Dort hatte das OLG einem Fahrer, der hinter einer roten Ampel aus einem Grundstück auf die Straße fuhr (..” Gefährdung auszuschließen” ..), die ganz überwiegende Haftung aufgebrummt, obwohl es nur zum Unfall kam und kommen konnte, weil der andere Beteiligte die rote Ampel überfahren hatte.

Natürlich ist das kein feststehendes Gesetz. Die Vermutung des ganz überwiegenden Verschuldens kann im Einzelfall widerlegt werden, wie es in der Entscheidung des LG Magdeburg vielleicht geschah. Möglicherweise war der andere Beteiligte nicht nur zu schnell und hatte unzulässiger Weise überholt. Vielleicht hatte er sich darüber hinaus ganz besonders rücksichtslos verhalten. Es wäre interessant zu wissen, ob und was das Urteil dazu an Feststellungen enthält.

In der Regel kommt es darauf an

Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass in solchen oder vergleichbaren Situationen regelmäßig eine hälftige Haftungsverteilung erfolgen wird. Wie immer: Es kommt auf den Einzelfall an. Trotzdem: Wer abbiegt, rückwärts fährt oder in oder aus einem Grundstück fährt, wer wendet, vom Straßenrand aus anfährt oder ein- oder aussteigt hat “jede Gefährdung anderer” auszuschließen. Wenn es trotzdem kracht, hat er schon einmal schlechte Karten.

 
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